Zu den Klangstilmitteln der neueren deutschen Sprache gehören: Lautinstrumentierung (Lautmalerei), Alliteration und Assonanz.
Unter Lautinstrumentierung verstehen wir die bewußte Verwendung von Lauten und Lautverbindung als Stilmittel.1 Dieses Problem steht in der deutschen Stilistik seit vielen Jahren zur Diskussion. Haben die einzelnen Vokale und Konsonanten sowie bestimmte Lautverbindungen und Wörter feststehende (absolute) semantische, emotionale und ästhetische Bedeutung oder nicht? In Beantwortung der Fragen sind zwei „Lager" entstanden: das eine, gebildet aus mehr oder minder radikalen Vertretern der Lehre von einer festfixierten, naturgegebenen und daher für alle Sprachen gültigen Lautsymbolik ; das andere, bestehend aus heftigen Feinden dieser Ansicht. Die Anhänger des zweiten Lagers bezeichnen ihre Gegner spöttisch als „Lautmagiker", ihre Lehre als „Lautmagie".
Wir wollen hier nicht auf den Kampf dieser beiden Richtungen eingehen. Unsere Einstellung zur Frage der Lautinstrumentierung ist eindeutig. Wir lehnen jede Theorie ab, die behauptet, Laute und Lautverbindungen sowie ganze Wörter hätten a priori feststehende, naturgegebene und allgemeingültige Ausdruckswerte. Wir bekämpfen jegliche Art von Lautsymbolik.
Gewiß, jede Nationalsprache bildet mit der Zeit ihre besonderen Lautnachahmungen aus. Das Sausen und Heulen des Windes, das Rauschen des Wassers.
Zischen der Flamme wird im Deutschen gewöhnlich durch die Zischlaute [s], [z], [s], [ts] sowie durch die Sonorlaute [l] und [r] wiedergegeben; die hohen Naturlaute werden meist mit den Vokalen der vorderen Reihe „i", „ü", „ei", „e" und die tiefen Naturlaute mit „u" untermalt. So hat die deutsche Sprache zur Wiedergabe von hohen Tier- und Vogelstimmen die Verben piepsen, singen, zwitschern, trillern, quirilierenn. dgl. m. geschaffen, für tiefe hingegen Verben wie muhen, brummen, glucksen, grunzen u. a.
Sicherlich wird ein Kind, das in deutscher Sprachumgebung aufwächst, beim Anblick eines Küchleins oder Vögleins piep-piep, beim Anblick eines Hundes wau-wau und beim Anblick einer Kuh muh-muh ausrufen; gewiß wird es seinem Kätzchen den Kosenamen Miezekätzchen geben.
Wenn jemand in die Pfütze fällt, schreien wir flatschl, wenn wir das Schneiden mit der Schere lautlich nackatimen wollen, bilden wir die Klangverbindung ritschratsch.
Manche Naturlautnachahmungen stimmen in verschiedenen Sprachen überein. So kann im Russischen der Zischlaut zur selben Lautinstrumentierung wie im Deutschen verwendet werden; so können im Russischen ebenso wie im Deutschen die Vokale der vorderen Reihe zur Wiedergabe hoher, die Vokale der hinteren Reihe hingegen zur Wiedergabe tiefer Naturgeräusche dienen («пищать», «хрюкать», «булькать»).
Diese verschiedenen Fälle von Übereinstimmung dürfen uns aber nicht verleiten, Verallgemeinerungen über eine einheitliche, für alle Sprachen gültige Lautinstrumentierung anzustellen.
Es beruht auf nationaler Tradition und nicht auf Naturgegebenheit, wenn man im Deutschen ein lastiges Tier oder Insekt mit ksch (russisch «кшi», «6pысü») verscheucht, ein Kind mit pst (russisch «тсс») zur Ruhe ermahnt, oder ein Pferd mit hü, häo, hüohott (russisch «ho») zum Gehen antreibt. Nur auf Grund nationaler Tradition läßt es sich erklären, daß ein und derselbe Hahnenruf in den verschiedenen Sprachen verschiedene lautliche Nachahmung findet (deutsch— kikerikil', russisch —«кукареку!», französisch — «cocerico!», spanisch—„cacarear", finnisch—„kuchoki-cku!" usw.). Das einzige, was all diese Lautnachahmungen verbindet ist der Gutturallaut [k] und der Vibrant [r]; die Tonhöhe des Hahnenrufs wird in den verschiedenen Sprachen verschieden aufgenommen und verschieden wiedergegeben. Was also die Lautinstrumentierung von Naturgeräuschen betrifft, so leugnen wir nicht eine gewisse Gesetzmäßigkeit und traditionelle Gültigkeit ihrer Verwendung — allerdings nur innerhalb bestimmter Grenzen. ▲ |