Phonetik


             
       
 
 
       
       
 
  Phonetik
   
     
   
     
     
 

In der Stilistik der schönen Literatur wird die Laut­instrumentierung gewöhnlich als Laut-, Ton- oder Klangma­lerei bezeichnet (dazu noch das fremdsprachige Synonym: Onomatopöie, Adjektiv: onomatopoetisch). Ohne Zweifel legen manche Stilforscher der Lautmalerei in der schönen Literatur zu viel Wert bei und gehen in ihren Auslegungen zu weit. Bei der Analyse literarischer Werke schwelgen sie oft in der breitesten Behandlung der vorkommenden Klang­mittel. Das Wesen dieser Behandlung läuft entweder auf eine ausführliche statistische Aufzählung von Tatsachen heraus („Wir haben folgende Fälle von Lautmalerei, Allitera­tion usw.") oder aber auf eine mehr oder weniger vulgarisie­rende Auslegung der Klangmittel. So ist es durchaus nicht überzeugend, "wenn die Kommentatoren der Goetheschen Ballade „Der Fischer" erklären, der Wechsel der Laute "ei-eu-ei" drücke die wellenartige Bewegung des Wassers aus;
Aus dem bewegten Wasser rauscht Ein feuchtes Web hervor. Bucher

Ebensowenig glaubwürdig scheint die Auslegung folgen­der Stelle aus der Ballade „Erlkönig":
In dürren Blättern säuselt der Wind.

Hier erklären einige Kommentare die Wahl des Verbs, als Lautinstrumentierung eines leichten, zarten Windes, hinter dem der Erlkönig (eine leichte Elf engest alt) zu denken ist. Hieße es nicht säuselt, sondern saust, sagen sie, hätten wir die Lautinstrumentierung eines starken, groben Sturmwinds. Diese Auslegung ist aber nicht stichhaltig: Die Assoziation mit einer schwachen Windbewegung beruht hier weniger auf Lautmalerei (denn in saust haben wir dieselben Zischlaute wie in säuselt), als in erster Linie auf der Semantik des verbalen Suffixes -ein (Verwechslung von Lautfunktion und lexikalischem Wortinhalt).

In den Märchen der deutschen Romantiker wird Tonma­lerei sehr häufig zur Namengebung verwendet. Die handeln­den Figuren erhalten Namen, deren Klang bestimmte Asso­ziationen mit Geräuschen aus Tier- und Menschenleben er­weckt. So lesen wir in dem schon genannten „Märchen von dem Schulmeister Klopfstock und seinen fünf Söhnen": der älteste Sohn hieß Gripsgraps und wurde Meisterdieb (grips-graps, nach deutscher Klangtradition ein Diebsra-scheln); der zweite hieß Pitschpatsch und wurde Fährmann (pitsch-patsch, Geräusch der Ruder im Wasser); der dritte hieß Piff paff und wurde Jäger (piff-paff, Lautnachahmung der Schußdetonation, nicht nur im Deutschen, sondern auch in anderen Sprachen verbreitet); der vierte hieß Pinkepanfe und wurde Apotheker (pinke-pank, auch pink-pink, bezeich­net gewöhnlich das Hämmern der Schmiede, hier augen­scheinlich das Stoßen im Apothekermörser); der fünfte Sohn hieß Trilltrall und wurde Vogelsprachforscher und Einsiedler, der zusammen mit den Vögeln im Wald trillerte und trällerte (trill-trall, gebräuchliche Klangnachahmung des Vogel- und Menschensangs).

Tonmalende Namen, die etwas über das Äußere oder Inne­re ihrer Träger aussagen, bezeichnet man in der deutschen Stilistik als „sprechende Namen". Es sei aber gleich hin­zugefügt, daß nicht alle sprechenden Namen auf Lautinstru­mentierung beruhen.

 
     
   

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