Stilnormen


             
       
 
 
       
       
 
  Bestimmung / Stilnormen
   
     
   
     
     
 

Jede richtige, sprachlich eimwandfreie Rede setzt Einhaltung der Sprachnormen voraus. Unter Sprachnormen verstehen wir historisch veränderliche, aber dennoch auf größere Zeitabschnitte hinaus stabile Gesetzmäßigkeiten, mit deren Hilfe  die schriftliche und die mündliche Form der Literatursprache mehr oder weniger einheitlich geregelt wird.  Da die Sprachnormen voll und ganz nur in der schönsten Erscheinungsart der Nationalsprache, der Literatursprache, zur Geltung kommen, wird diese selbst oft als „literarische Norm“ bezeichnet.

Der allmähliche Auflösungsprozeß der deutschen Mundarten in der Literatursprache – ein Vortrag, der das Interessengebiet des Stilforschers unmittelbar berührt – läßt sich von zwei Seiten her beobachten: Einerseits dringen lexikalische, grammatische und phonetische Erscheinungen aus den Ortsdialekten in die Literatursprache ein, werden dort allmählich „literarisiert“ und bereichen auf diese Art die Ausdrucksmöglichkeiten der literarischen Rede. Andrerseits strömen immer mehr Normen der mündlichen und schriftlichen Literatursprache in die Mundarten ein und tragen auf diese Weise zu einer Nivellierung zwischen der höheren und der niedrigeren Erscheinungsform der Nationalsprache bei. So besteht also zwischen den Literatursprache und territorialen Dialekten  eine intensive Wechselbeziehung.

Das Bindeglied zwischen den streng genormten Literatursprache und den Ortsdialekten bildet die Umgangssprache (literarische Umgangssprache und mundartlich gefärbte Umgangssprache). Der schriftlichen und mündlichen deutschen Literatursprache liegen im Wesentlichen die gleichen Normen zugrunde: beide Erscheinungsarten der Literatursprache verfügen im großen und ganzen über die gleichen morphologischen Formen, die gleichen syntaktischen Konstruktionen, über den gleichen Grundstock des Wortschatzes. Doch neben diesen gemeinsamen, allgemeinliterarischen Normen gibt es auch solche, die nur für den schriftlichen oder nur für den mündlichen Verständigungsweg typisch sind. So wird die erweiterte Attributgruppe ausscließlich in der schriftlichen Literatursprache gebraucht, wie etwa in einem beliebigen Geschäftsbrief: Wir danken verbindlichst für edn in Ihrem werten Schreiben vom 7. Oktober d. J. erteilten Auftrag.

Hingegen ist der bestimmte Artikek in der Fügung „Herr (Frau) plus Eigenname“ nur in der mündlichen Literatursprache zulässig. Der Herr Schmidt hat gesagt klingt – im Vergleich mit der Formulierung Herr Schmidt hat gesagt – aufgelockert, ungezwungen, eben gesprochene und nicht geschriebene Literatursprache.

Wir müssen aber auch wissen, welche Sprachnormen für diesen oder jenen Stil der schriftlichen und mündlichen Literatursprache in den einzelnen Stilen der Nationalsprache gebraucht werden. Die Stilnormen differenzieren also die Verwendung der allgemeinen Sprachnormen nach funktionalen ind semantisch-expressiven Momenten.  Sie geben an, welche lexikalischen, grammatischen und phonetischen  Normen zu diesem oder jenem Zeitpunkt im wissenschaftlichen Stil zulässig sind, im Stil des Amtverkehrs, im Stil des Alltagslebens usw. usf.; sie bestimmen, welchen Spracherscheinungen zu diesem oder jenem Zeitpunkt einfach-literarische oder gehobene  Stilfärbung eigen ist, welchen hingegen umgangssprachliche (vom Literarisch-Umgangssprachlichen über das Familiäre zum Groben). Sie weisen diese oder jene Sprachnorm  der expressieven bzw. der nichtexpressiven Rede zu. Stilnormen regeln auch den Gebrauch stilistischer Kategorien, wie etwa: Kürze, Überfluß, Dynamik, Anschaulichkeit, Bildhaftigkeit u. a. m. in den einzelnen Verwendungsweisen der Nationalsprache.

Selbstverständlich können Stilnormen nur auf Grund von Sprachnormen entstehen; Stil- und Sprachnormen sind ebenso unlösbar miteinander verbunden, wie Stil und Sprache selbst (Stilnormen – d.h. angewandte Sprachnormen).

 
     
   

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