Vergleiche


             
       
 
 
       
       
 
  Wortschatz / Vergleiche
   
     
   
     
     
 

Der Vergleich ist ein stilistisches Mittel, dessen Einreihung in das System der sprachlichen Ausdrucksmittel schon viele Meinungsverschiedenheiten hervorgerufen hat. Manche Forscher unterscheiden streng zwischen Vergleichen und Tropen, weil die Vergleiche auf direkter, die Tropen aber auf übertragener Bedeutung beruhen, andere Forscher verzwischen hingegen die Grenzen und sehen im Vergleich den einfachsten Tropus.

Ohne auf diese Streitfrage einzugehen, wird im vorliegenden der Vergleich als Mittel des bildlichen Ausdrucks auf Grund direkter Wortbedeutung den Mitteln des bildlichen Ausdrucks auf Grund übertragener Bedeutung an die Seite gestellt.

Der Vergleich (sowohl der individuelle als auch der gemeinsprachliche) verbindet zwei Wörter aus verschiedenen Begriffsbezirken und ruft durch die bloße Nebeneinanderstellung sprachökonomisch eine Fülle von bildhaften Assoziationen hervor. Wird z. B. von einem Menschen gesagt, daß er wie ein Löwe kämpft, so werden die zwei Substantive Mensch und Löwe (beide in ihrer Grundbedeutung) zueinander in Beziehung gebracht; dies löst eine schnell vorbeiziehende Serie von Einzelbildern aus und erweckt eine neue Vorstellung: mutiger, tapferer Mensch. Obwohl es sich hier um einen gemeinsprachlichen, ja sogar stehenden Vergleich handelt, ist seine Bildkraft doch noch nicht verblaßt .

Ein so treffender Vergleich trägt zur Knappheit und Zuspitzung des Ausdrucks bei, zur Sprachökonomie. Ein gutes Bild „muß mit einem knappen Griff einen Szenenwechsel erzwingen“. 

Wie man den vorangehenden Beispielen ersichtlich, besitzt jeder Vergleich eine Vergleichsbasis (nach der traditionallen Terminologie: „tertium comparationis“, d. h. das Dritte des Vergleichs; das Verbindende, das Gemeinsame zwischen den beiden Komponenten des Vergleiches).

Wenn man im Alltagsstil: Diese Frau ist so dick wie eine Litfaßsäule (d. h. Anschlagsäule), so ist die Vergleichsbasis augenfällig-konkret ) der große Umfang); wenn es idiomatisch heißt: Er sieht aus wie sieben Tage Regenwetter, so liegt das Gemeinsame des Vergleichs in einer Gefühlsstimmung: trüb das Wetter, trüb die Stimmung, trüb der Gesichtsausdruck. Und doch ist auch dieser Vergleich bildhaft.

Die Wirkung des Vergleichs hängt in erster Linie von der Überzeugungskraft des tertium comparationis ab.

Die Erscheinungen, die zueinander in Beziehung geraten, müssen durchaus nicht aus nahe beieinanderliegenden Bezirken stammen. Oft sind es ganz diametrale Begriffe, die auf den ersten Blick unvergleichbar erscheinen, und doch taucht plötzlich bei ihrer Zusammenstellung etwas Unerwartet-Gemeinsames auf; dadurch werden beide Begriffe in neues Licht gesetzt. So kann man im Alltag hören, wie jemand Sodawasser trinkt und dabei sagt: Das schmeckt wie eingeschlafene Füße. Der etwas derbe Humor dieser Redewendung beruht gerade auf der grotesken Zusammenstellung fernliegender Begriffe. Bei ihrer unerwarteten Verbindung springt plötzlich etwas Gemeinsames zwischen ihnen auf: das Prikkeln. Und das macht den Vergleich bildhaft und lebenswahr, wenngleich komisch.

Genau betrachtet, sind die meisten Vergleiche mehr oder weniger hyperbolisch (selbst der tapferste Mann kann nicht wie ein Löwe kämpfen; selbst die dickste Frau ist nicht so dick wie eine Litfaßsäule), und dennoch vermindert die augenscheinliche Übertreibung nicht die Überzeugungskraft des Bildes, trotz Hyperbolik und Groteske ist die Vergleichsbasis der gemeinsprachlichen Vergleiche in der Regel klar verständlich.
Der Struktur nach unterscheidet man einfache und erweiterte Vergleiche. Die einfachen Vergleiche bestehen aus einer Wortgruppe; die erweiteren umfassen einen ganzen Satz oder eine Reihe von Sätzen.  

Die stilistische Leistung der Vergleiche hängt von dem jeweiligen Kontext und dem betreffenden funktionalen Stil ab. Sie können poetischen oder satirischen Charakter haben, sie können aber auch bloß der sachlichen Veranschaulichung dienen. Wenn sie belehrende Tendenz zeigen und dabei zu ganzen Vorhängen und Situationen erweitert sind, führen sie – nach  der traditionallen Terminogie – den Namen „Gleichnis“. Da die Vergleiche mit den Tropen auftreten, soll der Ausdruckswert beider Bildlichkeitsmittel gemeinsam besprochen werden .

 
     
   

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